Lesetipp April: Endzeit-Saga „Ashes“ von William W. Johnstone

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Copyright: Festa / Zaubermond Verlag

Heute gibt es mal ein Novum… Im Rahmen des „Lesetipps“ möchte ich auf eine Buchreiche aufmerksam machen, die es gar nicht mehr regulär in den Buchhandlungen zu erwerben gibt. Dennoch sollte man sich die Bücher von William W. Johnstone nicht entgehen lassen!

Manchmal gehen Dinge einfach so an einem vorbei. So ist es mir mit der deutschen Ausgabe der Buchreihe „Ashes“ von William. W. Johnstone ergangen. In den USA erschien der erste Band bereits 1983, während die deutsche Veröffentlichung bis ausgerechnet 2001 auf sich warten ließ. Das Jahr, indem sich 9/11 ereignete und das wahrscheinlich den Lauf der Geschichte für immer veränderte.

Was 9/11 nun aber ausgerechnet mit „Die Stunde Null“ zu tun hat? Nun, Johnstone kann wohl durchaus als konservativer und auch als patriotischer Autor bezeichnet werden. Das merkt man seiner Hauptfigur der Ashes Reihe deutlich an. Der „Kampf gegen den Terror“ im Zuge von 9/11 kann in seiner überdimensionierten und teils auch grotesken Form wohl nur von Amerikanern verstanden werden. Die übrige Welt war wohl eher entsetzt und zugleich besorgt, wie eine der gigantischsten Militärmaschinerien der Welt plötzlich losgelassen wurde.

Zur Politik von George W. Bush kann man unterschiedlicher Meinung sein. Autoren wie William W. Johnstone hat sie aber garantiert nicht gutgetan. Vielleicht liegt es deshalb auch am Zeitgeist, dass es die deutsche Fassung von Ashes nur auf drei Bände gebracht hat, während das amerikanische Original bisher ganze sechsunddreißig Episoden nachweisen kann. Leider sind die ersten drei Bände in deutscher Sprache auch nur noch antiquarisch erhältlich. Die Reihe scheint für die Kooperation von Festa und dem Zaubermond Verlag leider nicht unbedingt ein Glücksgriff gewesen zu sein.

Man muss auch ganz klar sagen, dass Ashes aus einer anderen Zeit stammt. Wer böse formulieren will, könnte auch sagen: Es ist aus der Zeit gefallen! An einigen Stellen hatte der Übersetzer auch spürbar Schwierigkeiten, das amerikanische Original auch nur halbwegs les- und nachvollziehbar ins Deutsche zu übersetzen. Teils ist das ganz gut gelungen, an anderen Stellen hätte ich mir eine nüchterne wörtliche Übersetzung gewünscht.

Worum geht es aber nun in Ashes und warum sollte man die Reihe trotzdem lesen? Wie der deutsche Untertitel es schons sagt, handelt es sich um eine Endzeit-Saga. In Zeiten von COVID-19 und Klopapierhamstern vielleicht eine mutige Wahl. Mich interessiert dieses Settung aber schon seit langem, ansonsten würde ich auch nicht für die Heftromanserie MADDRAX schreiben und auch nicht das eigene Projekt „Cullen“ erdacht haben. Anders als in unserer aktuellen Situation sorgt in Ashes kein Virus für Ärger. Anstelle dessen ist der Dritte Weltkrieg für den Zusammenbruch der Zivilisation verantwortlich.

Die Hauptfigur Ben Raines ist ehemaliger Söldner und verdingt seinen Lebensunterhalt als Autor von Taschenbüchern. Sein Leben ist geregelt, er lebt alleine und trinkt zu viel. Monate vor dem Ausbruch des Krieges wird er über einen Mittelsmann angesprochen, ob er nicht zu den Kräften stoßen will, die einen Putsch in den USA planen. Letztlich ist es auch diese Gruppierung, die den Dritten Weltkrieg provozieren wird. Doch die Dinge sind verworren, alte Weggefährten von Raines sind in die Verschwörung involviert und nichts ist, wie es zu sein scheint.

Raines überlebt natürlich die Angriffe auf die USA, sonst wäre die Buchreihe schnell beendet. Als ehemaliger Angehöriger einer Spezialeinheit der US-Army findet er sich im zerstörten Land zumindest halbwegs zurecht und beginnt eine Chronik über die Geschehnisse nach dem Krieg anzufertigen. Doch seine alten Kameraden haben ausgerechnet für Raines eine ganz besondere Rolle in den postapokalyptischen Vereinigten Staaten vorgesehen…. Soweit der erste Band der Reihe.

Wie gesagt, „aus der Zeit gefallen“… Es gab 1983 kein Internet und auch keine Smartphones. Ben Raines ist ein harter Hund, der sich durch seine Zeit beim Militär eine gewisse Überlebensfähigkeit antrainiert hat. Sein Verschleiß an Frauen ist ziemlich hoch, aber interessanterweie sind die Frauen (zumindest im ersten Band) von Ashes alles andere als Liebesdienerinnen oder Gebärmaschinen. Im Gegensatz zu vielen moderneren Geschichten haben diese Figuren alle eine Motivation und einen eigenen Willen.
Raines selber ist deutlich charakterisierter, als das für gewöhnlich im Genre der Fall ist. Das tut dem Buch einfach gut. Anfänglich stößt man sich immer wieder an der teilweise recht kruden Weltsicht des Protagonisten, aber irgendwann akzeptiert man deren Kompromisslosigkeit einfach. Sobald das passiert ist, wächst einem der gestrandete Raines deutlich mehr ans Herz.

Das dickste Manko der Buchreihe sehe ich in dem Umstand, dass nur die ersten drei Bücher auf Deutsch erschienen sind. Momentan ist auch kein Versuch erkennbar, dass sich irgendein Verlag Ashes annehmen könnte. Dies ist irgendwo auch nachvollziehbar, denn viele deutschen Leser dürfte der Spirit von Johnstone kaltlassen. Vielleicht könnte man diesem Umstand mit einer kommentierten Ausgabe gerecht werden, um die nötigen Begleitinformationen gleich mitzuliefern.

Wer aber leicht amerikanophil veranlagt ist, kann sicherlich viel Lesevergnügen mit Ashes haben. Gleiches gilt natürlich auch für Leser, die sich für die 1980er Jahre interessieren. Alle anderen sollten mit gesunder Skepsis zu lesen beginnen.

„Lindenstraße“ wurde abgesetzt

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Mit einer gehörigen Verspätung komme ich nun auch auf das Ende der Lindenstraße zu sprechen. Als die erste Folge der Serie am 8. Dezember 1985 ausgestrahlt wurde, war ich 7 Jahre alt. Zusammen mit meinen Eltern habe ich die Serie wohl weit mehr als die Hälfte der insgesamt 35 Jahre verfolgt. Irgendwann in den 2010er Jahren habe ich dann abreißen lassen (Für Insider: Das Auftreten von „Chantal“ hat dafür gesorgt, dass ich die Serie nicht mehr ernstnehmen konnte. Das war 2013).

Dennoch bin ich etwas traurig. dass nach Stefan Raab und Jürgen Domian (der Gott sei Dank gerade wieder sein Comeback feiert) eine weitere Institution des deutschen Fernsehens am 29. März 2020 verschwunden ist – auch wenn ich schon lange kein aktiver Zuschauer mehr gewesen bin.

Es gibt sogar eine kleine Anekdote, wie ich mit den Machern der Serie in Kontakt gekommen bin. Wahrscheinlich war es kurz nach der Jahrtausendwende, als sich ein junger Stefan Hensch mit einer Bewerbung an die Redaktion der Lindenstraße gewandt hatte. Eine Mitarbeit an der Familienserie war schon lage ein Träumchen, warum es nicht also einfach mal versuchen? Ich bekam damals sogar eine Antwort, die aber auch nicht besonders freundlich formuliert war. Damit hatte sich das Thema erledigt, ich blieb der Serie aber wie einer alten Gewohnheit weiterhin treu.

Bis eben 2013 „Chantal“ ihren Auftritt hatte. Ich habe natürlich nichts gegen die Schauspielerin Lilian Büchner, die rückblickend wahrscheinlich sogar ihren Job gut gemacht hat. „Chantal“ war zum damaligen Zeitpunkt ein weiterer Versuch, die Lindenstraße für ein jüngeres Publikum attraktiver zu machen. Die Versuche waren jedenfalls nicht von Erfolg gekrönt, denn Lindenstraße wurde aufgrund kontinuierlich sinkender Quoten abgesetzt. Die Serie hatte ihren Markenkern verloren und zehrte nur noch von ihren (verbliebenen) Altgrößen wie z.B. Mutter Beimer. Neue konstante Darsteller von einem ähnlichen Kaliber konnten nicht etabliert werden.

Aber war das wirklich der Grund zum Scheitern dieses Projekts? Zumindest für mich war noch etwas anderes ausschlaggebend dafür, dass die Lindenstraße mich zuletzt ziemlich genervt hatte. Ich spreche natürlich von dem volkspädagogischen Ansatz der Serie. Dieser Punkt gehörte vom Anfang an zu ihrer DNA. Die Macher thematisierten immer wieder heiße Eisen, was ich sehr gut fand. Doch mit den Jahren veränderte sich unsere Gesellschaft, aber die Serie war immer noch total „1985“. Auch reine Unterhaltungssendungen können (und sollten) gesellschaftliche Themen aufgreifen und dürfen auch zum Nachdenken anregen. Dies sollte 2020 aber nicht mehr in fast schon scherenschnittartigen Richtig-Falsch-Plots erfolgen. Wenn man kein Kind mehr ist, stellt man fest, dass die Welt sich gar nicht mehr so einfach in schwarz und weiß teilen lässt. Anstelle dessen herrschen unzählige Abstufungen von Grautönen vor. Eine Serie sollte deshalb nicht als verlängerter Arm einer (wie auch immer gearteten) Ideologie werden, sondern viel eher zum Nachdenken anregen. Ansonsten läuft man als Macher nämlich Gefahr, weltfremde Lösungen für alltägliche Probleme zu präsentieren. Dies passierte in Lindenstraße viel zu oft und gab der Serie regelmäßig einen fast schon parabelhaften Charakter.

Am Ende blieb für mich genau das auf der Strecke, weshalb sich Menschen überhaupt Fernsehserien ansehen und Bücher lesen: die Story und die Charaktere. Das war dann meiner Meinung nach auch der Sargnagel für die Lindenstraße.

Trotz aller Kritik hinterlässt die Serie jedoch eine Lücke in der deutschen Fernsehlandschaft. Ja, es gibt natürlich andere Soaps: Rote Rosen, In aller Freundschaft, GZSZ (bald mit der 7000. Folge), Berlin bei Tag und Nacht, Köln 50667. Das sind absolut keine schlechten Serien, sondern auf ihren Markenkern reduzierte Soap-Formate. Allesamt sind sie erfolgreich und machen vieles besser, was die Lindenstrasser vernachlässigte. Was diese Serie aber nicht bieten, ist die „Sandbox“ für Experimente und vielleicht auch der gelegentliche Tiefgang von Lindenstrasse.

Seit meiner Bewerbung bei der Lindenstrasse ist auch in meinem Leben viel passiert. Ich schreibe immer noch und werde auch veröffentlicht. Zu einer Mitarbeit als Autor für eine Fernsehserie ist es dabei aber noch nicht gekommen. Momentan unternehme ich auch keinerlei Anstrengungen in diese Richtung. In näherer Zukunft möchte ich vielmehr einige eigene Projekte angehen. Aber selbstverständlich schließe ich an dieser Stelle auch nichts aus. Das hat mir nämlich mein Leben gezeigt: Es gibt manchmal wirklich verrückte Entwicklungen …

Tschö Lindenstraße, war trotzdem irgendwie immer nett mit Dir. Vielleicht gibt es in 20 Jahren ja mal ein Reboot?