Heute gibt es mal ein Novum… Im Rahmen des „Lesetipps“ möchte ich auf eine Buchreiche aufmerksam machen, die es gar nicht mehr regulär in den Buchhandlungen zu erwerben gibt. Dennoch sollte man sich die Bücher von William W. Johnstone nicht entgehen lassen!
Manchmal gehen Dinge einfach so an einem vorbei. So ist es mir mit der deutschen Ausgabe der Buchreihe „Ashes“ von William. W. Johnstone ergangen. In den USA erschien der erste Band bereits 1983, während die deutsche Veröffentlichung bis ausgerechnet 2001 auf sich warten ließ. Das Jahr, indem sich 9/11 ereignete und das wahrscheinlich den Lauf der Geschichte für immer veränderte.
Was 9/11 nun aber ausgerechnet mit „Die Stunde Null“ zu tun hat? Nun, Johnstone kann wohl durchaus als konservativer und auch als patriotischer Autor bezeichnet werden. Das merkt man seiner Hauptfigur der Ashes Reihe deutlich an. Der „Kampf gegen den Terror“ im Zuge von 9/11 kann in seiner überdimensionierten und teils auch grotesken Form wohl nur von Amerikanern verstanden werden. Die übrige Welt war wohl eher entsetzt und zugleich besorgt, wie eine der gigantischsten Militärmaschinerien der Welt plötzlich losgelassen wurde.
Zur Politik von George W. Bush kann man unterschiedlicher Meinung sein. Autoren wie William W. Johnstone hat sie aber garantiert nicht gutgetan. Vielleicht liegt es deshalb auch am Zeitgeist, dass es die deutsche Fassung von Ashes nur auf drei Bände gebracht hat, während das amerikanische Original bisher ganze sechsunddreißig Episoden nachweisen kann. Leider sind die ersten drei Bände in deutscher Sprache auch nur noch antiquarisch erhältlich. Die Reihe scheint für die Kooperation von Festa und dem Zaubermond Verlag leider nicht unbedingt ein Glücksgriff gewesen zu sein.
Man muss auch ganz klar sagen, dass Ashes aus einer anderen Zeit stammt. Wer böse formulieren will, könnte auch sagen: Es ist aus der Zeit gefallen! An einigen Stellen hatte der Übersetzer auch spürbar Schwierigkeiten, das amerikanische Original auch nur halbwegs les- und nachvollziehbar ins Deutsche zu übersetzen. Teils ist das ganz gut gelungen, an anderen Stellen hätte ich mir eine nüchterne wörtliche Übersetzung gewünscht.
Worum geht es aber nun in Ashes und warum sollte man die Reihe trotzdem lesen? Wie der deutsche Untertitel es schons sagt, handelt es sich um eine Endzeit-Saga. In Zeiten von COVID-19 und Klopapierhamstern vielleicht eine mutige Wahl. Mich interessiert dieses Settung aber schon seit langem, ansonsten würde ich auch nicht für die Heftromanserie MADDRAX schreiben und auch nicht das eigene Projekt „Cullen“ erdacht haben. Anders als in unserer aktuellen Situation sorgt in Ashes kein Virus für Ärger. Anstelle dessen ist der Dritte Weltkrieg für den Zusammenbruch der Zivilisation verantwortlich.
Die Hauptfigur Ben Raines ist ehemaliger Söldner und verdingt seinen Lebensunterhalt als Autor von Taschenbüchern. Sein Leben ist geregelt, er lebt alleine und trinkt zu viel. Monate vor dem Ausbruch des Krieges wird er über einen Mittelsmann angesprochen, ob er nicht zu den Kräften stoßen will, die einen Putsch in den USA planen. Letztlich ist es auch diese Gruppierung, die den Dritten Weltkrieg provozieren wird. Doch die Dinge sind verworren, alte Weggefährten von Raines sind in die Verschwörung involviert und nichts ist, wie es zu sein scheint.
Raines überlebt natürlich die Angriffe auf die USA, sonst wäre die Buchreihe schnell beendet. Als ehemaliger Angehöriger einer Spezialeinheit der US-Army findet er sich im zerstörten Land zumindest halbwegs zurecht und beginnt eine Chronik über die Geschehnisse nach dem Krieg anzufertigen. Doch seine alten Kameraden haben ausgerechnet für Raines eine ganz besondere Rolle in den postapokalyptischen Vereinigten Staaten vorgesehen…. Soweit der erste Band der Reihe.
Wie gesagt, „aus der Zeit gefallen“… Es gab 1983 kein Internet und auch keine Smartphones. Ben Raines ist ein harter Hund, der sich durch seine Zeit beim Militär eine gewisse Überlebensfähigkeit antrainiert hat. Sein Verschleiß an Frauen ist ziemlich hoch, aber interessanterweie sind die Frauen (zumindest im ersten Band) von Ashes alles andere als Liebesdienerinnen oder Gebärmaschinen. Im Gegensatz zu vielen moderneren Geschichten haben diese Figuren alle eine Motivation und einen eigenen Willen.
Raines selber ist deutlich charakterisierter, als das für gewöhnlich im Genre der Fall ist. Das tut dem Buch einfach gut. Anfänglich stößt man sich immer wieder an der teilweise recht kruden Weltsicht des Protagonisten, aber irgendwann akzeptiert man deren Kompromisslosigkeit einfach. Sobald das passiert ist, wächst einem der gestrandete Raines deutlich mehr ans Herz.
Das dickste Manko der Buchreihe sehe ich in dem Umstand, dass nur die ersten drei Bücher auf Deutsch erschienen sind. Momentan ist auch kein Versuch erkennbar, dass sich irgendein Verlag Ashes annehmen könnte. Dies ist irgendwo auch nachvollziehbar, denn viele deutschen Leser dürfte der Spirit von Johnstone kaltlassen. Vielleicht könnte man diesem Umstand mit einer kommentierten Ausgabe gerecht werden, um die nötigen Begleitinformationen gleich mitzuliefern.
Wer aber leicht amerikanophil veranlagt ist, kann sicherlich viel Lesevergnügen mit Ashes haben. Gleiches gilt natürlich auch für Leser, die sich für die 1980er Jahre interessieren. Alle anderen sollten mit gesunder Skepsis zu lesen beginnen.