Vor einiger Zeit hörte ich von einem besonderen Abenteuer des „großen Mannes“, das (neben einigen anderen) niemals den Weg in 2.Auflage oder 3.Auflage fand.
Es ist Lassiter 135 „Lassiter und die Höllenlady. Laut www.pulverrauch.de erschien das Heft 1975 und wurde von Horst Friedrichs geschrieben. Interessanterweise war damals Helmut Rellergerd Redakteur der Serie. Eben jener Autor, der mit der Heftromanserie „John Sinclair“ einen Meilenstein im Genre des Gruselromans erschaffen hat.
Lassiter und ich… Für mich wurde das Genre des Heftromans lange Zeit von Lassiter, John Sinclair und Tony Ballard definiert. Erst in meiner Jugend erfuhr ich, dass es da noch sehr viel mehr gab. Trotzdem muss ich auch heute noch sagen, dass gerade Lassiter immer noch eine Paradeserie für mich darstellt: Wenig Mehrteiler-Firlefanz, keine Zyklen (von wirklich interessanten übergreifenden Handlungen wie Gegnern nach Machart eines Sidney Blood mal abgesehen) und deshalb einfach unterhaltend.
Jetzt zum vorliegenden „Fall“. Ich hatte gehört, dass es im Roman um eine Vergewaltigung des Helden geht. Nein, Lassiter vergewaltigt keine Frau – er wird von einer Frau vergewaltigt!
Das fand ich interessant und ich war neugierig, wie man das handwerklich umsetzt. Die Schilderung eines Facebook-Users machte mich neugierig, da ich mir eine solche Szene auf die geschilderte Weise nicht vorstellen konnte (Messer an Kehle des Helden, während seine Freundin ebenfalls bedroht wird und sich die Banditin ihren Spaß holt). So lief es dann tatsächlich auch nicht ab.
Wie genau es dann funktionierte, will ich aus Respekt vor dem hervorragend geschriebenen Heft auch gar nicht verraten. Generell war es jedoch wesentlich unspektakulärer und weniger sensationsheischend, als ich erwartet hatte. Vielleicht ist es gerade das, was den Roman so gut macht?
Möglicherweise lag es auch an der berüchtigten Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften, die zu dieser Zeit bereits ein Auge auf die Serie geworfen hatte. An einigen Stellen erscheinen mir die Szenenenden viel zu glatt, sodass ich glaube, von einer „vorauseilenden Entschärfung“ sprechen zu können. Dennoch bleibt ein wunderbar geschriebener Pageturner, der eine komplizierte Charakterisierung von Held und Täterin nicht scheut und dieses überzeugend abliefert.
Es hört sich möglicherweise schräg an, aber für mich hat dieser Roman die Genregrenze des Heftromans erfolgreich gesprengt. An einigen Stellen fehlt (aus den genannten Gründen) etwas die Würze, aber nichtsdestotrotz gewährt der Autor hier einen spannenden Einblick in Lassiters Psyche, die so gar nichts mit dem „fickenden Cowboy“ zu tun hat, als die die Figur gelegentlich dargestellt wird.
Natürlich bleibt es ein Heftroman im Western-Sujet, aber nicht nur. Wer will, findet hier nämlich auch eine philosophische Frage: „Können sich Menschen ändern?“ Horst Friedrich liefert eine sehr ernüchternde Antwort, die zumindest diskutiert werden kann.
Ich bin von dem besagten Roman begeistert und kann nur hoffen, dass er erneut veröffentlicht und damit einem größeren Publikum zugänglich gemacht wird. „Lassiter und die Höllenlady“ haben es verdient!