Im vierten Band muss Dr. Morton nicht lange nach einem Gegenspieler suchen, ganz im Gegenteil. Eine unbekannte Kraft hat den guten Doktor ins Visier genommen und setzt ihn gehörig unter Druck. Währenddessen setzt der schräge Mediziner seine Experimente an der bedauernswerten Miss Clandon und Gregory fort, da er große Ziele hat…
Der Roman ist wieder deutlich in der Schreibe der ersten beiden Bände gehalten und lässt den Leser kaum zur Ruhe kommen. Ich sprach ja von „kalter Eleganz“ die mit einem Turbo verdichtet wurde und genau das findet sich hier wieder. Um meine Theorie fortzuführen: Dieser Roman wurde meiner Meinung nach wieder definitiv vom Hauptautor geschrieben. Trotz seiner persönlichen Fähigkeiten, Grimsby und auch einiger hilfreicher Sonderausstattungen (Helikopter, unterirdische Verstecke…) wirkt Dr. Morton in diesem Roman keinesfalls unbesiegbar. Sogar Grimsby kommt beinahe an seine Grenzen, was dieser Episode fast schon eine Art Hard boiled-Charakter beschert, was sicherlich auch dank des nicht gerade zahnlosen Gegners der Fall ist.
Die Lösung des Falls ist dann überraschend bodenständig, wenn Grimsby mich gelegentlich auch etwas arg an eine Mischung aus MacGyver und B.A. Baracus erinnert hat. Es war aber nicht „drüber“, so dass ich auch hier ein mega spannendes Abenteuer mit überraschendem Schluss geboten bekam. Darüberhinaus hatte besagter Grimsby einen interessanten Gedankengang. Er fragte sich, was ihn eigentlich von den bösen Buben unterschied, die Dr. Morton bevorzugt für seine Experimente benutzt. Ich war von diesem Element fast schon fasziniert, regt es doch einmal mehr massiv zum Nachdenken in moralischen und philosophischen Kategorien an. Ich frage mich jedoch, ob der Gegner bereits wirklich besiegt wurde, oder ob der nicht doch noch seine Fangarme ausstrecken wird…
„Torture Porn“ gab es in dieser Episode definitiv nicht, dafür ein wunderbar abwechslungsreiches Abenteuer. Nach den ersten vier Bänden kann ich ganz klar sagen, dass ich das Konzept und die Umsetzung der Serie sehr mag. Sicherlich ist Dr. Morton nichts für jeden Leser, aber gibt es das überhaupt? Literatur die jedem Leser gefällt und die auch von jedem richtig interpretiert wird?
Ich war überrascht, wie viel Resonanz meine kleine Rezension zum ersten Band von Dr. Morten ausgelöst hat. Aus dem Grund habe ich mir gleich auch den zweiten Band der Serie zur Brust genommen. „Torture Porn“ lautete einer der Vorwürfe gegenüber der Serie. An anderer Stelle wurde gar der Protagonist mit dem KZ-Arzt Mengele verglichen. Zu recht?
Der zweite Band hat mich überrascht, sogar gleich mehrfach. Gleich zu Beginn findet eine Unterredung zwischen dem Doktor und Grimsby statt, in der das Schicksal von Miss Clandon thematisiert wird, deren bedauerlicher einziger Fehler lediglich darin bestand, zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen zu sein. In diesem Gespräch wird deutlich, dass sowohl bei dem psychopathischen Grimsby, als auch beim Hyper-Narzissten Morton so etwas wie ein Rest Mitgefühl vorhanden sein könnte. Freilich reicht das nicht, um die arme Frau aus ihren Fittichen zu entlassen, aber „immerhin“…
Band zwei zeigt Dr. Morton dann auch von seiner besten Seite, nämlich als Chirurg, der einem verunglückten Adeligen zur Hilfe eilt und ihm das Leben rettet. Der eigentliche Gegenspieler ist Philipp Gregory, ein junger Mann aus der Londoner Upperclass, dessen Missetaten bisher durch seine Protektion ungesühnt geblieben sind. Außerdem zieht Chefinspektor Spratt seine Kreise immer enger, was Dr. Morton natürlich nicht entgeht.
Eingangs schrieb ich von Überraschungen. Die Zweite davon stellte sich ein, als Grimsby seinen Meister fand. Damit hatte ich nicht gerechnet und auch die Lösung der Situation hat mir durchaus gefallen. Das Ende kam in diesem Band (wieder) viel zu schnell – sprich, ich fand diesen Heftroman wirklich hyperspannend. So wurde z.B. das Eindringen bei Scotland Yard beschrieben, was ich sensationell gut fand. Ich habe ständig darauf gewartet, dass John Sinclair die Bühne betritt…
Zwei Romane von Dr. Morton liegen hinter mir, ich wurde wirklich bestens unterhalten. Der Konflikt um diese Serie lässt sich für mich auf einige wenige Faktoren verdichten:
1. Was darf Kunst, wo sind ihre Grenzen? 2. Darf eine Story einen amoralischen und psychopathischen Protagonisten haben?
In der Rezension zum ersten Band schrieb ich schon über American Psycho, Dexter und Jim Profit. Im Nachhinein ist mir noch Hannibal Lecter aus Schweigen der Lämmer eingefallen. Das alles sind Beispiele für Variationen des gleichen Schemas. Diese Stories funktionieren ebenso effizient, wie es auch Dr. Morton tut.
Im Vorfeld hatte ich mir auch schon so meine Gedanken zu dieser Serie gemacht. Irgendwie musste ich immer an die unsägliche Filmreihe Gesichter des Todes denken, die mich durch meine Jugend verfolgt hat. DAS ist für mich ein Beispiel für perverse Unterhaltung, zumal dort (bewiesenermaßen) echte Tiere gequält wurden. Ebenso musste ich an ein paar Videospiele denken: Manhunt (möglichst brutale Morde verüben), GTA V (Folterszene), Call of Duty 2 (Terroranschlag), Hitman (Spieler ist Killer) und sogar Commando Libya (Gräueltaten). Außerdem musste ich an die Filmreihen Hostel und Saw denken, die meiner Meinung nach definitiv dem Torture Porn zuzurechnen sind.
Das vernichtende Qualitätsurteil, dass einige Rezensenten über Dr. Morton ausgesprochen haben, kann ich am allerwenigsten nachvollziehen. Stellenweise fand ich beide Bände verflixt gut geschrieben, sozusagen verdichtet auf das Wesentlichste. Auch in dieser Hinsicht gehört Morton zu den vielleicht originärsten, deutschsprachigen Pulpserien. Sollten wir nicht endlich den (typisch deutschen) Form-und-Inhalt-Konflikt dorthin verlagern, wo er hingehört?
Mir hat dieser Band Spaß gemacht, ich werde weiterlesen und berichten!
Kleiner Funfact: Der Titel von Band 2 ist wohl der einzige „Kritikpunkt“ (wenn man das überhaupt so empfindet). Im ganzen Roman kommt kein einziger Sarg vor. Dafür ist der Untertitel deutlich griffiger und passender: Dr. Mortons unfreiwilliger Gast
Selbst als fleißiger Heftromanleser (und Autor) kann man nicht so viel lesen, wie man eigentlich möchte. Letztlich werden wir alle durch unsere Zeit limitiert. Grundsätzlich ist das irgendwie auch wundervoll, denn so besteht nicht die Gefahr, dass eines Tages der Lesestoff ausgehen könnte…
Vor einigen Tagen habe ich über Dan Shockers Larry Brent geschrieben. Die Serie war durch mein Raster gefallen, was ich jetzt Stück für Stück nachhole. Eine andere Serie, die das gleiche Schicksal teilt, ist Dr. Morton. Hier kann ich jedoch mildernde Umstände beantragen, denn die Heftromane erschienen bereits in den Siebzigern und da war ich noch etwas sehr jung.
In den letzten Jahren bin ich aber immer wieder über das Doktorchen gestolpert, was der effektiven Vermarkung der Romantruhe zu verdanken ist, die die Hefte des Erber + Luther Verlags als ungekürzte Neuauflage herausbringt. Vor einiger Zeit habe ich mir Band 1 „Blaues Blut: Dr. Mortons Unheimliches Experiment“ zugelegt und auf den berüchtigten „Stapel der ungelesenen Bücher“ gelegt.
Jetzt habe ich mir Dr. Mortons erstes „Abenteuer“ zur Brust genommen und bin ehrlich gesagt ziemlich irritiert. Dem Text merkt man seine Entstehungszeit in den 1970ern an, aber das hat mich nicht gestört. Insgesamt ist Band 1 stilistisch wenig anspruchsvoll, aber sehr flüssig geschrieben. Personen- oder Ortsbeschreibungen sucht man größtenteils vergeblich, was aber durch die Erzählperspektive des auktorialen Erzählers ausgeglichen wird. Zusätzlich ist das Tempo sehr hoch und zieht den Leser in die Geschichte.
Mir war vor dem Lesen klar, dass Dr. Morton nicht irgendeine Serie war, sondern besonders durch krasse Themen und entsprechende Maßnahmen der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften Bekanntheit und hohe Auflagenzahlen erlangen konnte. Soweit so gut.
Ich mag ambivalente Figuren und Antihelden: Egal ob Jim Profit aus der gleichnamigen Fernsehserie, Pat Bateman aus Bret Easton Ellis American Psycho, oder der gute Dexter. Trevor aus GTA V habe ich ebenfalls geliebt. Soweit war bei mir wohl auch der Boden für diese spezielle Serie geebnet worden. Was mich beim Doktor erwartete, hat mich dann aber doch ehrlich überrascht.
In Band 1 ist der gute Doktor Morton nichts anderes als ein lupenreiner Psychopath, der von seinem eher noch wesentlich psychopathischeren Helfer William Grimsby unterstützt wird. Letzterer hat keine Probleme, eine (mit Sicherheit nicht volljährige) Schülerin mit Zigaretten und Alkohol zuerst zu verführen und dann einen Abgrund herunterstoßen. Am Ende bedauert es Grimsby sogar, dass die junge Frau im Fallen nicht von einem nadelspitzen Felsen aufgespießt wurde.
Das ist hart. In einer anderen Rezension in den Weiten des WWW habe ich eine ähnlich entsetzte Reaktion des Rezensenten gelesen, wie sie sich auch bei mir eingestellt hat. Aber ist das eigentlich gerechtfertigt? Was darf ein Autor und was darf Kunst? Wo sind die Grenzen und wer definiert sie?
Ich habe für mich selbst eine Antwort gefunden, die ich hier nicht verschweigen möchte. Die oben beschriebene Tat mag auf manche Lehrer ebenso verstörend wirken, wie auf mich. Natürlich soll diese Szene Aufmerksamkeit erzeugen, was ihr zweifelsfrei gelungen ist. Als Autor beschäftigt mich aber eine andere Frage: Ist der sadistische Gewaltakt Selbstzweck, oder dient er einem anderen Ziel? Hinsichtlich von Band 1 muss ich ganz klar sagen: Grimsbys Tat dient nicht der Handlung, aber sie charakterisiert Mortons Helfer und ist deshalb nicht nur billige Effekthascherei. Ich weiß nun, dass Grimsby ein massiv gestörter Psychopath ist, der selbst eherne Tabus bricht. Außerdem wird dem Leser mitgeteilt, dass Dr. Morton ebenfalls über diese Neigung Bescheid weiß und nichts dagegen unternimmt. Somit heißt der Protagonist der Serie diese Taten letztlich sogar gut, was seiner Charakterisierung dient. Ich bin gespannt, in welche Richtung sich die Serie noch entwickelt.
Von tiefstem Herzen bin ich ein Kind des Pulps. Vielleicht waren es die Filme, die ich viel zu früh gesehen habe, oder aber die Bücher und Heftromane. Unter Umständen bin ich aber auch einfach viel zu heiß gebadet worden. Jedenfalls macht es mir persönlich wenig aus, dass die beiden Hauptfiguren alles andere als „Helden“ sind. Ich finde es sogar spannend, dass genretypische Gut-Böse-Schemata so richtig auf den Kopf gestellt werden. Ob ich diese Romanserie meinem Sohn zu lesen geben würde? Klares Nein!
Was gibt es noch zu Band 1 zu sagen? Die Rahmenstory ist einfach konstruiert und hätte durchaus etwas ausgefeilter sein können: Dr. Morton will Kunstblut entwickeln, um der Menschheit einen Dienst damit zu erweisen. Dazu kommt ihm jemand „der andere Menschen um ihre Ersparnisse betrogen hat“ als unfreiwilliger Proband gerade recht. Als eine seiner Patientinnen durch einen Zufall mit dem Probanden in Kontakt kommt, verfügt das Doktorchen jetzt eben über zwei Versuchspersonen. Eine weitere junge Frau wird samt ihrer Tante von Grimsby „vorsichtshalber“ zum Schweigen gebracht. Der böse Proband stirbt am Ende des Romans, nachdem sich Morton auch noch dessen Vermögen unter den Nagel gerissen hat.
Es taucht auch ein Inspector vom Yard auf, der aber augenscheinlich erstmal keine Verdachtsmomente bei Glenn Morton sieht. Ich vermute aber, dass sich dies im Verlauf der Handlung noch ändern könnte.
Wie schon gesagt, klassifiziere ich Dr. Morton eindeutig als Pulp. Romane gehören nach meiner Definition eindeutig zur Kunst und diese darf meiner Definition nicht durch subjektive Urteile eingeschränkt werden. Wer diese Art Literatur nicht mag, muss sie ja nicht lesen. Ich mag z.B. keine Horrorfilme, aber das ist eine persönliche Präferenz. Die Serie hat für mich einen (morbiden) Charme, der mir durchaus gefällt Deshalb werde ich weiterlesen!