Mein dritter Termin bei Dr. Morton: Bad in HCL

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Copyright: Anne Erber-Verlag, Romantruhe-Verlag

Das war jetzt schon der dritte Band aus der berühmt berüchtigten Dr. Morton-Reihe. Hier geht es um einen skrupellosen TV-Moderator, der in seinem Magazin schon so einige Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens medial gegrillt hat. In seiner letzten Show griff er gar einen Minister medial an, der sich daraufhin sogar das Leben nahm. Das ist natürlich Grund genug, damit sich Dr. Morton und Grimsby diesem Fall widmen.

Die Idee finde ich überraschend frisch, obwohl der Band schon in den Siebzigern erschienen ist. Welche Verantwortung haben Journalisten? Inwieweit sind sie für die möglichen Folgen ihrer Arbeit zu belangen?

In der letzten Rezension sprach ich über „Überraschungen“. Diese erlebte ich auch bei diesem Band, denn der Stil dieser Episode unterscheidet sich drastisch von dem der beiden Vorbände. Die ersten beiden Abenteuer wirkten stilistisch wie von einem Turbomotor komprimiert und verfügten über eine gewisse kalte Eleganz. Dies fand ich im dritten Band nur gelegentlich wieder. Ganz im Gegenteil, an gewissen Stellen wirkte der Roman sogar etwas „umständlich“ erzählt und erinnerte mich streckenweise an den üblichen Heftromanstandard dieser Epoche – nicht ärgerlich, aber für mich doch überraschend. In einigen Passagen blitzte die „kalte Eleganz“ auf, aber eben nur ganz kurz. Deshalb will ich mich festlegen: Nach meinem Empfinden wurde Bad in HCL von einem anderen Autor geschrieben. Da die typische Stilistik stellenweise aber aufblitzt, könnte ich mir vorstellen, dass dieser Roman nach einem Expose erstellt und von dem Autor der ersten beiden Bände überarbeitet wurde. Das ist ein völlig normaler Vorgang und schmälert nicht die Qualität des Romans.

Der dritte Besuch war mir persönlich etwas zu kompliziert (umständlich) aufgebaut, ist aber durchaus spannend zu lesen. Grimsby wird durch zwei Szenen eingehender charakterisiert, was diesen jedoch nicht sympathischer macht – aber das war sicher auch nicht der Sinn davon;-)

„Torture Porn Check“: Nein, in dieser Richtung gibt es auch in diesem Band definitiv nichts zu vermelden. Grimsby lebt seinen sadistischen Momenten aus, was relativ nüchtern erzählt wird. Das ist vielleicht gerade deshalb erschütternd, hat aber wirklich nichts mit den erhobenen Vorwürfen zu tun.

Das Ende versöhnt für dieses etwas „umständlichere“ Abenteuer, denn es kam für mich überraschend und deshalb völlig unerwartet.  Ich sprach von einem komplizierteren Aufbau, der dann vielleicht auch einen logischen Fehler produziert hat (Falsche Uhrzeitenangaben im Hotel). Erfreulicherweise funktioniert der Morton-Kosmos (verschiedene Schauplätze, Personen im Umfeld des Doktors) hervorragend. Ebenso wird die Beziehung zwischen Dr. Morton und Grimsby beleuchtet, die durchaus ambivalenter als erwartet ist. Hat mir gefallen und ich bin gespannt, wie das weitergeht.

Ob ich weitere Termine bei Dr. Morton buchen werde? Selbstredlich, denn diese Reihe ist doch wirklich etwas ganz Besonderes!

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Mein erster Termin bei Dr. Glenn Morton

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Copyright: Erber + Luther, Romantruhe Verlag

Dr. Morton 1: Blaues Blut

Selbst als fleißiger Heftromanleser (und Autor) kann man nicht so viel lesen, wie man eigentlich möchte. Letztlich werden wir alle durch unsere Zeit limitiert. Grundsätzlich ist das irgendwie auch wundervoll, denn so besteht nicht die Gefahr, dass eines Tages der Lesestoff ausgehen könnte…

Vor einigen Tagen habe ich über Dan Shockers Larry Brent geschrieben. Die Serie war durch mein Raster gefallen, was ich jetzt Stück für Stück nachhole. Eine andere Serie, die das gleiche Schicksal teilt, ist Dr. Morton. Hier kann ich jedoch mildernde Umstände beantragen, denn die Heftromane erschienen bereits in den Siebzigern und da war ich noch etwas sehr jung.

In den letzten Jahren bin ich aber immer wieder über das Doktorchen gestolpert, was der effektiven Vermarkung der Romantruhe zu verdanken ist, die die Hefte des Erber + Luther Verlags als ungekürzte Neuauflage herausbringt. Vor einiger Zeit habe ich mir Band 1 „Blaues Blut: Dr. Mortons Unheimliches Experiment“ zugelegt und auf den berüchtigten „Stapel der ungelesenen Bücher“ gelegt.

Jetzt habe ich mir Dr. Mortons erstes „Abenteuer“ zur Brust genommen und bin ehrlich gesagt ziemlich irritiert. Dem Text merkt man seine Entstehungszeit in den 1970ern an, aber das hat mich nicht gestört. Insgesamt ist Band 1 stilistisch wenig anspruchsvoll, aber sehr flüssig geschrieben. Personen- oder Ortsbeschreibungen sucht man größtenteils vergeblich, was aber durch die Erzählperspektive des auktorialen Erzählers ausgeglichen wird. Zusätzlich ist das Tempo sehr hoch und zieht den Leser in die Geschichte.

Mir war vor dem Lesen klar, dass Dr. Morton nicht irgendeine Serie war, sondern besonders durch krasse Themen und entsprechende Maßnahmen der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften Bekanntheit und hohe Auflagenzahlen erlangen konnte. Soweit so gut.

Ich mag ambivalente Figuren und Antihelden: Egal ob Jim Profit aus der gleichnamigen Fernsehserie, Pat Bateman aus Bret Easton Ellis American Psycho, oder der gute Dexter. Trevor aus GTA V habe ich ebenfalls geliebt. Soweit war bei mir wohl auch der Boden für diese spezielle Serie geebnet worden. Was mich beim Doktor erwartete, hat mich dann aber doch ehrlich überrascht.

In Band 1 ist der gute Doktor Morton nichts anderes als ein lupenreiner Psychopath, der von seinem eher noch wesentlich psychopathischeren Helfer William Grimsby unterstützt wird. Letzterer hat keine Probleme, eine (mit Sicherheit nicht volljährige) Schülerin mit Zigaretten und Alkohol zuerst zu verführen und dann einen Abgrund herunterstoßen. Am Ende bedauert es Grimsby sogar, dass die junge Frau im Fallen nicht von einem nadelspitzen Felsen aufgespießt wurde.

Das ist hart. In einer anderen Rezension in den Weiten des WWW habe ich eine ähnlich entsetzte Reaktion des Rezensenten gelesen, wie sie sich auch bei mir eingestellt hat. Aber ist das eigentlich gerechtfertigt? Was darf ein Autor und was darf Kunst? Wo sind die Grenzen und wer definiert sie?


Ich habe für mich selbst eine Antwort gefunden, die ich hier nicht verschweigen möchte. Die oben beschriebene Tat mag auf manche Lehrer ebenso verstörend wirken, wie auf mich. Natürlich soll diese Szene Aufmerksamkeit erzeugen, was ihr zweifelsfrei gelungen ist. Als Autor beschäftigt mich aber eine andere Frage: Ist der sadistische Gewaltakt Selbstzweck, oder dient er einem anderen Ziel? Hinsichtlich von Band 1 muss ich ganz klar sagen: Grimsbys Tat dient nicht der Handlung, aber sie charakterisiert Mortons Helfer und ist deshalb nicht nur billige Effekthascherei. Ich weiß nun, dass Grimsby ein massiv gestörter Psychopath ist, der selbst eherne Tabus bricht. Außerdem wird dem Leser mitgeteilt, dass Dr. Morton ebenfalls über diese Neigung Bescheid weiß und nichts dagegen unternimmt. Somit heißt der Protagonist der Serie diese Taten letztlich sogar gut, was seiner Charakterisierung dient. Ich bin gespannt, in welche Richtung sich die Serie noch entwickelt.

Von tiefstem Herzen bin ich ein Kind des Pulps. Vielleicht waren es die Filme, die ich viel zu früh gesehen habe, oder aber die Bücher und Heftromane. Unter Umständen bin ich aber auch einfach viel zu heiß gebadet worden. Jedenfalls macht es mir persönlich wenig aus, dass die beiden Hauptfiguren alles andere als „Helden“ sind. Ich finde es sogar spannend, dass genretypische Gut-Böse-Schemata so richtig auf den Kopf gestellt werden. Ob ich diese Romanserie meinem Sohn zu lesen geben würde? Klares Nein!

Was gibt es noch zu Band 1 zu sagen? Die Rahmenstory ist einfach konstruiert und hätte durchaus etwas ausgefeilter sein können: Dr. Morton will Kunstblut entwickeln, um der Menschheit einen Dienst damit zu erweisen. Dazu kommt ihm jemand „der andere Menschen um ihre Ersparnisse betrogen hat“ als unfreiwilliger Proband gerade recht. Als eine seiner Patientinnen durch einen Zufall mit dem Probanden in Kontakt kommt, verfügt das Doktorchen jetzt eben über zwei Versuchspersonen. Eine weitere junge Frau wird samt ihrer Tante von Grimsby „vorsichtshalber“ zum Schweigen gebracht. Der böse Proband stirbt am Ende des Romans, nachdem sich Morton auch noch dessen Vermögen unter den Nagel gerissen hat.

Es taucht auch ein Inspector vom Yard auf, der aber augenscheinlich erstmal keine Verdachtsmomente bei Glenn Morton sieht. Ich vermute aber, dass sich dies im Verlauf der Handlung noch ändern könnte.

Wie schon gesagt, klassifiziere ich Dr. Morton eindeutig als Pulp. Romane gehören nach meiner Definition eindeutig zur Kunst und diese darf meiner Definition nicht durch subjektive Urteile eingeschränkt werden. Wer diese Art Literatur nicht mag, muss sie ja nicht lesen. Ich mag z.B. keine Horrorfilme, aber das ist eine persönliche Präferenz. Die Serie hat für mich einen (morbiden) Charme, der mir durchaus gefällt Deshalb werde ich weiterlesen!

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